Untersuchung von Mechanismen des Anionen-Transportes in intestinalen und tubulären Epithelien
Laufzeit: 01.01.2004 - 31.12.2008
Kurzfassung
Die Schleimhaut des Duodenums sezerniert HCO3-, um sich gegen die aus dem Magen stammende Säure zu schützen. Ein Teil der HCO3- Sekretion des Duodenozyten ist elektrogen und wird von CFTR („cystic fibrosis transmembrane conductance regulator“) vermittelt, dem Kanal-Protein, dessen Mutation zum Krankheitsbild der Mukoviszidose führt. Bei Mukoviszidose-Patienten ist die HCO3- Sekretion in einer Reihe von Organen, wie z. B. dem Pankreas und dem Dünndarm, beeinträchtigt, was dort zu Maldigestion,...Die Schleimhaut des Duodenums sezerniert HCO3-, um sich gegen die aus dem Magen stammende Säure zu schützen. Ein Teil der HCO3- Sekretion des Duodenozyten ist elektrogen und wird von CFTR („cystic fibrosis transmembrane conductance regulator“) vermittelt, dem Kanal-Protein, dessen Mutation zum Krankheitsbild der Mukoviszidose führt. Bei Mukoviszidose-Patienten ist die HCO3- Sekretion in einer Reihe von Organen, wie z. B. dem Pankreas und dem Dünndarm, beeinträchtigt, was dort zu Maldigestion, Malabsortpion und Obstruktion beiträgt. Der andere Teil der HCO3- Sekretion erfolgt über elektroneutralen Cl-/HCO3- Austausch, den zumindest zum Teil DRA („down regulated in adenoma“) übernimmt. Von diesem Protein ist bekannt, dass es im Kolon parallel mit dem Na+/H+ Austauscher NHE3 agiert und so in diesem Darmabschnitt elektroneutrale NaCl Rückresorption mediiert. Mutationen in DRA führen zur seltenen Erkrankung der kongenitalen Chlorid-Diarrhö, die mit einer metabolischen Alkalose vergesellschaftet ist.
Neuere Arbeiten legen nahe, dass die Kopplung von CFTR und DRA für die HCO3- Sekretion nicht, wie ursprünglich vermutet, durch „Cl- Recycling“ über die Membran zustande kommt, sondern vielmehr biochemisch, im Sinne der Komposition makromolekularer Komplexe mit Hilfe von Adapterproteinen, erfolgt. CFTR bindet an mehrere PDZ-Domänen beinhaltende Adapterproteine, unter anderen an NHERF1, E3KARP und CAP70. Ausserdem wurde im Zellkultursystem nachgewiesen, dass die Cl-/HCO3- Austausch-Aktivität von DRA durch die Anwesenheit von CFTR in der Membran deutlich gesteigert wird.
Im Rahmen dieses Projektes konnten wir zeigen, dass nicht nur CFTR, sondern auch DRA in der Bürstensaummembran des Duodenums mit CAP70, einem vier PDZ Domänen enthaltenden Adapterprotein, interagiert. PDZ-Domänen sind in der Lage den C-Terminus anderer Proteine zu binden, wenn deren letzte vier Aminosäuren in ihrer Abfolge einem PDZ-Bindungsmotiv entsprechen. Während DRA an die zweite und dritte PDZ Domäne von CAP70 bindet, interagiert CFTR mit der ersten, dritten und vierten, was das Zusammenstellen von Multiproteinkomplexen in Zellen, die alle drei Proteine exprimieren, ermöglicht. Solche Multiproteinkompexe könnten zu koordinierter Aktivität der beiden Proteine führen oder regulatorische Prozesse gestatten. Im Kolon, hingegen, in dessen Oberflächenzellen die DRA-Expression hoch ist, fehlt CAP70 vollständig. DRA und NHE3 sind beide in der Lage, an zwei weitere, im Kolon exprimierte PDZ-Domänen Proteine, NHERF1 („Na+/H+ exchanger regulating factor 1“) und E3KARP („NHE3 kinase A regulatory protein“), zu binden. Da DRA im Kolon andere Adapterproteine für eine Interaktion zur Verfügung stehen und DRA dort bekanntermassen eine andere Funktion ausübt als im Duodenum, nämlich zusammen mit NHE3 für die NaCl Rückresorption verantwortlich ist, haben wir überprüft, ob im Kolon beispielsweise ein anderer DRA-Subtyp exprimiert wird. Das DRA-Molekül zeigt jedoch in allen Darmabschnitten die gleiche Sequenz. Schliesslich haben wir die potenziell für ein Clustering in Frage kommenden Proteine auf Koloklisation ihrer mRNA mit Hilfe der in situ Hybridisierung in Dünndarm und Kolon überprüft. Funktionelle Experimente haben ergeben, dass HCO3- hauptsächlich in den Tiefen der Villi des Dünndarms sezerniert wird. Im Epithel diese Darmkompartiments findet sich die mRNA von CFTR, DRA, CAP70 und NHERF1, die dort also in der Lage wären, an der Bildung von Multiproteinkomplexen teilzunehmen. Im Colon finden sich in dem Kompartiment, das für die NaCl Rückresorption verantwortlich ist und in dem bekanntermassen NHE3 exprimiert wird, nämlich den Oberflächenzellen, neben NHE3 DRA und NHERF1. Obwohl E3KARP in der Lage ist, CFTR, DRA und NHE3 in vitro zu binden und wir das Adapterprotein zunächst für einen guten Kandidaten für die Kopplung von NHE3 an DRA gehalten hatten, findet sich die E3KARP mRNA in unserem Modelltier, dem Kaninchen, ganz überwiegend in der Submukosa, kann also an Ionentransportprozessen des Epithels kaum entscheidend beteiligt sein. Für die Kopplung von NHE3 und DRA kommt also, da CAP70 im Kolon nicht exprimiert wird, besonders NHERF in Frage. Diese Ergebnisse legen nahe, dass Transport- und Adapterproteine nach Art eines Baukastensystems rekombiniert werden können und ihnen, je nach Zusammensetzung des Multipropteinkomplexes, ganz unterschiedliche Aufgaben zugewiesen werden. Ein solches „Baukastensystem“ würde die herkömmliche Vorstellung von Sekretions- und Absorptionsvorgängen revolutionieren und neue Einblicke in die Pathophysiologie der Mukoviszidose und sekretorischer Diarrhöen ermöglichen.
Weiterführend soll im Rahmen dieses Projekts eine Kolokalisation der genannten Proteine mit Hilfe der Immunhistochemie an menschlichem Gewebe verifiziert werden. Zudem sollen die für DRA, CAP70 und NHERF1 kodierenden Gene bei solchen Mukoviszidose Patienten auf Mutationen gescreent (dHPLC-System) werden, bei denen im Rahmen unserer CFTR Diagnostik kein ausreichendes Korrelat für die Erkrankung gefunden werden kann (ca. 5% der Fälle). Betrachtet man die oben dargestellten Daten, so ist es als wahrscheinlich anzusehen, dass Veränderungen von DRA, CAP70 und NHERF1 in der Lage sind, die Anionen-Sekretion ganz ähnlich zu beeinträchtigen wie Mutationen im CFTR Gen und kommen deshalb als Verursacher oder Modifier der Mukoviszidose-Symptomatik in Frage.
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