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Scham und Schande in der frühen Neuzeit Englands

Bauks, M; Meyer, Martin F. (Hrsg). Zur Kulturgeschichte der Scham. Hamburg: Felix Meiner Verlag 2011 S. 85 - 103

Erscheinungsjahr: 2011

Publikationstyp: Buchbeitrag

Sprache: Deutsch

Inhaltszusammenfassung


Abstract: The article explores the psychological and social reverberations of shame in the Early Modern Period in ballads, early conduct literature, and Shakespeare’s Measure for Measure. Shame serves to negotiate class and gender in a normative way in ballads and conduct literature, and in a critical way in Shakespeare’s play. Introduction: Bei der Untersuchung der Scham im deutschen Sinne in der ersten Phase der frühen Neuzeit Englands von ca. 1550-1700 ergibt sich von vornherein das Pro...Abstract: The article explores the psychological and social reverberations of shame in the Early Modern Period in ballads, early conduct literature, and Shakespeare’s Measure for Measure. Shame serves to negotiate class and gender in a normative way in ballads and conduct literature, and in a critical way in Shakespeare’s play. Introduction: Bei der Untersuchung der Scham im deutschen Sinne in der ersten Phase der frühen Neuzeit Englands von ca. 1550-1700 ergibt sich von vornherein das Problem, dass das naheliegende lexikalische Äquivalent „shame“ mehrdeutig ist und grob übersetzt sowohl die „äußere“ Schande als auch die „innere“ Scham bedeutet. Diese Mehrdeutigkeit von „shame“ über einen sehr langen Zeitraum verlangt immer Kontext zum genaueren Verständnis. Als erster Einblick in die historische Bedeutung von Scham und Schande soll das lexikalische Feld um das Konzept „shame“ grob ausgelotet werden. Schon hier wird deutlich, dass sich Scham und Schande im weitesten Sinne auf das Ansehen und die Ehre im Feld gesellschaftlicher Konventionen beziehen, und diese im England der frühen Neuzeit zum großen Teil geschlechter- und schichtenspezifisch definiert sind. In einem zweiten Schritt wäre zu entscheiden, welcher Ansatz das historische Verständnis von „shame“ begünstigt. Drittens werden historische Quellen zu Normierung Scham und Schande herangezogen. Dabei gibt es kaum größere Studien zur Scham und Schande in der frühen Neuzeit Englands. Allgemeine Kultur- und Sozialgeschichten zu dieser Epoche behandeln dieses Thema bis dato nicht. Untersuchungen zu Geschlecht, Jugend, und Sexualität, wie etwa Anthony Fletchers Gender, Sex, and Subordination, 1500-1800 oder Paul Griffiths’ Youth and Authority. Formative Experiences in England, 1560-1640 greifen das Thema am Rande der Diskussion von Identität, Beziehungen, Familie, Erziehung, Besitz und Recht auf.1 Die vorliegende knappe Untersuchung kann nur ausgewählte Quellen berücksichtigen. Verhaltensratgeber und Verbrechensberichte präsentieren die Extreme der vorbildlichen Ehre und Scham sowie der verurteilenswerten Schuld und Schande und sind daher für das Verständnis der Normen von großer Bedeutung. Das Ideal und das Schreckbild dürfen jedoch nicht als Charakteristikum des durchschnittlichen Lebens verstanden werden, dass sich in der breiten Mitte zwischen Konformität und Opposition bewegte.2 Tagebücher, Autobiographien oder Briefe dieser Zeit müssten spezifisch auf das Thema Scham hin interpretiert werden, was hier nicht zu leisten ist. Viertens wird die Reflexion von Scham und Schande in der Literatur analysiert. Literatur als Interdiskurs vermag insofern neue Einsichten zu vermitteln, als sie mit sozialen Regeln und unterschiedlichen Formen ihrer Performanz, Brechung und Wiederherstellung spielt. Shakespeares Drama Measure for Measure ist seine wohl interessanteste, da widersprüchlichste Problematisierung von Scham und Schande. […] So wird Measure for Measure in hohem Maße Pattisons Anspruch gerecht, in der Fiktion die Komplexität und Problematik von „shame“ aufzudecken. Dabei relativiert das Drama die christliche Aufwertung der Scham, führt ihre begrenzte moralische Wirkung angesichts der Triebe im allgemeinen vor, und im besonderen ihre Missachtung oder Manipulation in der Prostitution wie in der Politik durch ranghohe Männer als moralische und weltliche Autoritäten. Das Stück plädiert für Verständnis, möglicherweise auch Toleranz und sexuelle Freiräume für die Jugend, teilweise auch für das horizontale Gewerbe, selbst wenn dies durch die Stimme des Kupplers relativiert wird, der seine eigenen Interessen – unterhaltsam – verficht. Das Theaterstück legt die Probleme von Schande in ihrer Nähe zur Verleumdung und von Schandritualen als Inszenierungen offen, die dem Missbrauch Tür und Tor öffnen, zeigt jedoch keine Lösungen auf. Die Zuschauer werden aufgefordert, den Gebrauch und die Funktionen von Scham und Schande skeptisch zu reflektieren, und sie angesichts der Vielfalt individueller und gesellschaftlicher Bedürfnisse nicht zu verabsolutieren, sondern als prinzipiell verhandelbar anzusehen. » weiterlesen» einklappen

Autoren


Bauks, Michaela (Herausgeber)

Klassifikation


DDC Sachgruppe:
Englisch

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