Kurzfassung
Das I/E-Modell (Marsh, 1986) beschreibt die Entwicklung bereichsspezifischer akademischer Selbstkonzepte durch die gemeinsame Wirkung sozialer Vergleiche (d. h., SchülerInnen vergleichen ihre Leistung in einem Fach mit der Leistung ihrer MitschülerInnen im selben Fach) und dimensionaler Vergleiche (d. h., SchülerInnen vergleichen ihre Leistung in einem Fach mit ihrer Leistung in einem anderen Fach). Allerdings haben auch temporale Vergleiche (d. h. Schülerinnen vergleichen ihre Leistung in... Das I/E-Modell (Marsh, 1986) beschreibt die Entwicklung bereichsspezifischer akademischer Selbstkonzepte durch die gemeinsame Wirkung sozialer Vergleiche (d. h., SchülerInnen vergleichen ihre Leistung in einem Fach mit der Leistung ihrer MitschülerInnen im selben Fach) und dimensionaler Vergleiche (d. h., SchülerInnen vergleichen ihre Leistung in einem Fach mit ihrer Leistung in einem anderen Fach). Allerdings haben auch temporale Vergleiche (d. h. Schülerinnen vergleichen ihre Leistung in einem Fach mit ihrer früheren Leistung in diesem Fach), die in der bisherigen Selbstkonzeptforschung eher vernachlässigt wurden, einen Einfluss auf die Ausbildung akademischer Selbstkonzepte. Mit dem 2I/E-Modell führten Wolff und Kollegen daher eine Erweiterung des klassischen I/E-Modells ein, die temporale Vergleiche als dritten relevanten Vergleichsprozess berücksichtigt. Das 2I/E-Modell unterscheidet zwischen fachspezifischen Leistungsniveaus und Leistungsveränderungen von SchülerInnen als Prädiktoren für deren fachspezifische Selbstkonzepte. Dem Modell zufolge repräsentieren die Pfade von den Leistungsniveaus auf die Selbstkonzepte im selben Fach soziale Vergleichseffekte, die Pfade von den Leistungsniveaus auf die Selbstkonzepte in anderen Fächern dimensionale Vergleichseffekte und die Pfade von den Leistungsveränderungen auf die Selbstkonzepte im selben Fach temporale Vergleichseffekte. Bisher hat sich das 2I/E-Modell in zehn empirischen Studien als valide erwiesen. Gewöhnlich fielen die sozialen Vergleichspfade stark positiv, die dimensionalen Vergleichspfade (zwischen unähnlichen Fächern) moderat negativ und die temporalen Vergleichspfade schwach positiv aus. Nichtsdestotrotz sind einige wichtige Fragen in Bezug auf das 2I/E-Modell und die gemeinsamen Effekte sozialer, dimensionaler und insbesondere temporaler Vergleiche auf das akademische Selbstkonzept noch ungeklärt. Dieses Projekt verfolgt daher das Ziel, das Zusammenspiel sozialer, dimensionaler und temporaler Vergleiche im Prozess der Ausbildung akademischer Selbstkonzepte näher zu beleuchten, wobei ein besonderer Fokus auf den temporalen Vergleichen liegt. Insgesamt werden drei empirische Studien durchgeführt: (1) Eine längsschnittliche Feldstudie untersucht die Beziehungen des 2I/E-Modells für unterschiedliche Vergleichszeiträume, unter Berücksichtigung möglicher Moderatoren der temporalen Vergleichspfade sowie für Selbstkonzepte, die von Lehrkräften fremdeingeschätzt werden. (2) Ein längsschnittliches Experiment untersucht, ob sich die Beziehungen des 2I/E-Modells replizieren lassen, wenn SchülerInnen eine manipulierte Rückmeldung hinsichtlich ihrer zu drei Messzeitpunkten in zwei Fähigkeitstests erzielten Leistung erhalten. (3) Eine Tagebuchstudie untersucht das Auftreten sozialer, dimensionaler und temporaler Vergleiche im Schulalltag. Langfristig sollten die Befunde aller drei Studien zur Entwicklung einer umfassenden Vergleichstheorie beitragen. » weiterlesen» einklappen